Was ist Freiheit für mich? – Ich kann selbst entscheiden, was ich tun möchte und was nicht. Das gilt für die kleinen Dinge im Alltag wie auch für große Lebensentscheidungen.
Das bedeutet, dass, wenn mir in meinem Leben etwas nicht gefällt, ich es ändern kann. Bei größeren Entscheidungen kann das bedeuten, dass ich den Ort oder den Job wechsle, meinen Partner, einzelne Freunde oder meine Familie verlasse.
Wenn ich also mein Leben im größeren Stil verändere, verliere ich immer Menschen. Mal mehr, mal weniger. Und selbst wenn es kein kompletter Kontaktabbruch ist, so ändert sich doch das Verhältnis in irgendeiner Form. Zu manchen entwickle ich eine distanziertere Beziehung, manchmal – aber das ist selten – werden Beziehungen auch enger.
Ich bin realistisch unterwegs: Bei manchen Menschen in meinem Leben weiß ich, dass die Beziehungen nicht auf ewig bestehen werden. Da trage ich keine rosarote Brille. Und es ist okay für mich, diese Menschen zu verlieren. Ich wäre dazu bereit, wenn es mir die Freiheit und damit die Veränderung ermöglicht, die ich gerade brauche.
Doch manche Menschen, bin ich nicht bereit zu verlieren bzw. ich will nicht, dass sich die Beziehung verändert, so, wie sie gerade ist. Denn ich brauche diese Bindungen. Ich brauche diese Menschen, die mich mögen und schätzen und bei denen ich so sein kann, wie ich bin.
Ich weiß aus Erfahrung, dass ich für sehr enge Beziehungen sehr viel Zeit brauche. Ich weiß aber auch, dass dann genau diese Beziehungen nicht so schnell kaputt gehen würden, wenn ich z.B. ins Ausland gehen würde. Trotzdem macht es nun mal einen Unterschied, ob man sich regelmäßig live und in Farbe sieht, oder ob man nur über digitale Medien wie Whatsapp & Co. in Kontakt bleibt. Die physische Nähe bzw. Distanz, sowie die greifbare Präsenz und Anteilnahme dürfen nicht unterschätzt werden.
Und was ist mit den Beziehungen, die noch neuer sind, die ich aber nicht verlieren möchte? Sie sind noch nicht so eng, noch nicht so vertraut. Wegzugehen würde evtl. bedeuten, dass diese Beziehung nicht überlebt oder sich die andere Person stark distanziert. Auch wenn ich selbst weiß, dass ich diese Beziehung aufrechterhalten möchte, ist es doch schwerer über die digitale Welt, Vertrauen und Nähe aufzubauen oder auch nur zu halten.
Aber falls ich dann doch den Ort wechsle, dann weiß ich, dass ich auch Menschen vor Ort brauche. Wo auch immer ich bin. Es reicht nicht, nur mit meiner besten Freundin über WhatsApp befreundet zu sein. Ich brauche auch Menschen in meinem neuen Alltag, die mein neues Umfeld kennen, mit denen ich etwas unternehmen kann. Diese Beziehungen aufzubauen ist harte Arbeit für mich… Es ist nicht so, dass ich dazu überhaupt nicht bereit bin, ich lerne super gerne neue Menschen kennen. Aber es braucht unglaublich viel Zeit und Energie, Beziehungen zu festigen.
Bin ich oder mache ich mich unfrei, wenn ich mich an Menschen binde und Beziehungen aufrechterhalten möchte? – Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Doch ich glaube, es sollte auch darauf geschaut werden, was mit der Freiheit Hand in Hand geht. Und da verstehe und fühle ich immer mehr diese Liedzeile:
„Wer die Freiheit liebt, liebt die Einsamkeit.“ – Provinz
Denn wer wirklich frei ist, ist ungebunden. Wortwörtlich. Keine Sache, kein Umstand und auch kein Mensch kann so jemanden halten und im positivsten Sinne beschränken. So ein Mensch liebt die Freiheit, die Ferne, die Weite und damit auch die Einsamkeit.
Ich liebe meine Freiheit. Aber ich frage mich: Liebe ich auch die Einsamkeit? Denn das ist der Preis für die vollkommene Freiheit.
PS: Googelt mal Freiheit oder Freedom. Ihr werdet erstaunt sein, wie sehr die allermeisten Bilder die von mir skizzierte Freiheit widerspiegeln…
Photo by Mohamed Nohassi on Unsplash
Noch ein Gedanke: Vllt müssen wir anerkennen, dass Freiheit nicht unser höchstes Gut ist. Gesundheit auch nicht. Sondern in Beziehung sein.
Freiheit ist ein neues Konzept. Es existiert nur in unserem Kopf, nicht in der Natur. Beziehungen aber sind natürlich und ein uraltes Bedürfnis, gar definierend für uns Menschen.
Im Zweifel werden die meisten Menschen wohl deshalb existierende Beziehungen über Freiheit setzen.
Allerdings werden sie damit dann auch erpressbar. Wer etwas von ihrer Freiheit will, muss sie nur vor die Wahl stellen...😟
Puh... das ist ja eine Entscheidung: frei und einsam od unfrei und verbunden?😳
Oder ist es nicht so ausgeschlossen, frei und verbunden zu sein?
Bis ich mich unfrei fühle, kann ich verbunden sein. Wenn ich mich wieder frei(er) fühlen will, muss ich mich vielleicht entbinden - und mich neu in Einsamkeit gebären. Loslassen. Auch mal von Menschen.
Doch einmal entbunden muss ich nicht so bleiben. Ich kann mich neu verbinden, wenn dadurch mit gerade wichtige Freiheit nicht eingeschränkt werden.
Insofern: Wer Freiheit will, muss wohl Einsamkeit riskieren. Doch es besteht eine gute Chance, dass die nur temporär ist. Auf der anderen Seite der Einsamkeit können neue schöne, gar schönere Verbindungen warten.
Mir scheint, Freiheit und Verbindung/Beziehung sind keine Gegensätze.
Corona hat mir gezeigt: Wo mein Freiheitsbedürfnis zu einer Trennung geführt hat, hat es andererseits aber auch neue Beziehungen gebracht.