Ich nehme mit, dass es leicht ist, ein schlechter Lehrer zu sein. Und es ist schwer, ein guter Lehrer zu sein.
Und das meine ich gar nicht böse oder abwertend gegenüber meinen Kollegen, die ich in Ghana kennengelernt habe. Im Gegenteil, ich schätze sie sehr, für all ihre Bemühungen und Anstrengungen, die sie jeden Tag leisten.
Vieles, was sie machen, ist gut. Und vieles, auch nicht. Und das hängt nicht nur mit ihrer Ausbildung zusammen, die sie genossen haben und die gerade stark im Wandel ist, sondern auch mit der Art und Weise, wie das ghanaische Schulsystem funktioniert.
Ich habe selbst in Ghana unterrichtet. Ich weiß, wie es ist, vor einer Klasse mit 60 oder mehr Kindern zu stehen. Und es ist in jedem Fall kein Zuckerschlecken. Und ich glaube auch, dass selbst der bestausgebildetste Lehrer aus Deutschland mit so einer Situation überfordert wäre und recht schnell merken würde, dass viele Methoden, die er kennt, nichts helfen oder nur sehr bedingt.
Auch wenn ich es nicht gutheiße, so verstehe ich doch, warum die Lehrenden in Ghana häufiger zum Stock greifen. Es ist kein Akt des bösen Willens, es ist ein Akt der Verzweiflung. Die Verzweiflung darüber, wenn man erkennt, dass man eigentlich machtlos in einem Klassenraum mit 60 Kindern ist, und dann daraus schlussfolgert, dass das eigentlich nicht sein darf (da könnte man jetzt mit einer neuen Diskussion ansetzen, ob das denn wirklich so schlimm ist, als Lehrende(r) machtlos zu sein, aber das führt jetzt hier zu weit).
Und so nehme ich noch eine weitere, universellere Erkenntnis aus meinem Praktikum mit: Dass es kein Schwarzweiß, kein Gut oder Böse, gibt.
Auch wenn ich das vorher schon irgendwie geahnt habe, so wird mir durch den Schulalltag in Ghana nochmal stärker bewusst, dass es IMMER einen Grund für ein Handeln gibt und dass man sich davor hüten sollte, die Handelnden vorschnell zu verurteilen.
Denn wenn man beginnt, sich in die Personen hineinzuversetzen oder solche Situationen am eigenen Leib erfährt, dann merkt man, dass auch eine „schlechte“ Handlung ihren nachvollziehbaren Grund hat und in den allermeisten Fällen nicht aus Bosheit geschieht.
Es ist schwer, in Deutschland ein guter Lehrer zu sein. Aber ich glaube, so wie das Schulsystem gerade in Ghana ist, ist es noch schwerer, ein guter Lehrer in Ghana zu sein.